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Die Hutschachtel

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Familientour

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Im 18. und 19. Jahrhundert sollten Menschen nicht nur bestraft, sondern mehr und mehr erzogen werden. Diesem Anspruch genügte die Fronfeste in der Alten Freiheit nicht mehr, schon gar nicht die Gefängnisstuben in den Stadttoren und im Rathaus.

Deshalb wurde von 1857 bis 1859 dieses Amtsgerichtsgefängnis gebaut – im Auftrag der Staatsregierung des Herzog-tums Sachsen-Meiningen, zu dem Saalfeld damals gehörte. Dazu wurden im Rathaushof die städtischen Stallungen, das kommunale Vorratshaus und ein Nachbarhaus abgerissen und hohe Mauern errichtet.

 

Ein besonderes Bauwerk

Die eigentümlich runde Bauform setzt sich im Inneren fort – in Form eines Lichthofs mit einem Durchmesser von sieben Metern und einer Höhe von 22 Metern bis zum Glaskegel. Die drei Obergeschosse umrundet je eine gusseiserne, lichtdurchlässige Galerie. Das hat den Vorteil, dass alle Türen der 22 Einzel- und

Gemeinschaftszellen gut vom Erdgeschoss aus zu überblicken sind. Hier hatte der Wachtmeister sein Büro. Außerdem gab es ein Badezimmer, einen Andachtsraum, eine Wäschestube und ein Gelass, in dem die Gefangenen arbeiteten.

Neben dem Aufseher versah hier auch ein Gefängnisinspektor Dienst, der möglichst täglich mit jedem Gefangenen sprechen sollte. Das war nicht schwierig, waren doch meist nur um die zehn Straftäter eingesperrt.

Es gab auch einen Gefängnisarzt und einen Gefängnispfarrer. Die Oberaufsicht führte der Amtsgerichtsvorsteher.

Nachdem die öffentliche Hinrichtung eines Mörders 1834 großes Aufsehen erregt und tausende Schaulustige angezogen hatte, wurden Todesurteile nur noch vor ausgewählten Zeugen im Gefängnishof vollstreckt. 1917 wurde hier ein Doppelmörder als Letzter hingerichtet.

1930 füllten sich die Zellen der „Hutschachtel“: Das Leutenberger Gefängnis war geschlossen worden, weshalb die Gefangenen von dort nach Saalfeld verlegt wurden. Zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Saalfeld bombardiert. Am 10. April 1945 entließ man deshalb 22 von 43 Gefangenen.

 

Von Schuld und Unschuld

Zwischen 1933 und 1954 waren in der „Hutschachtel“ mehrfach auch Unschuldige – wie Regimegegner und zu Unrecht Verfolgte – eingesperrt.

Während der Nazi-Herrschaft wurden beispielsweise in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 acht Männer verhaftet, weil sie jüdischen Glaubens waren oder durch die NS-Rassegesetzte zu Juden deklariert wurden. Sie wurden am Tag darauf in das Konzentrationslager Buchenwald transportiert.

Nach Kriegsende übernahm die Sowjetische Militäradministration in Deutschland das Gefängnis. Nun saßen hier vor allem politische Gefangene ein. Sie wurden vom sowjetischen Geheimdienst NKWD verhört und gefoltert.

Mehr als 60 Jugendliche traf dieses Schicksal, weil ihnen die Mitgliedschaft in Nazi-Organisationen oder Werwolftätigkeit vorgeworfen wurde. Etwa zehn von ihnen starben, andere kamen in Speziallager oder Gulags. An sie erinnert eine Gedenktafel und eine Gedächtniszelle in der „Hutschachtel“.

Ab 1951 nutzte die Kriminalpolizei des Volkspolizeikreisamtes Saalfeld die Haftanstalt. Im selben Jahr stürmten Kumpel der SDAG Wismut Polizei und Gefängnis, um einen inhaftierten Kollegen zu befreien.

Nachdem die letzten Gefangenen um 1970 die Zellen verlassen hatten, übernahm die Stadt Saalfeld/Saale die „Hutschachtel“. Sie renovierte den Rundbau 1973/74 und nutzt ihn seither als Verwaltungsarchiv. Nun stehen also auch Schränke und Regale in den Zellen.

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